Zwei Gedenkveranstaltungen miteinander verbunden

Zwei Gedenkveranstaltungen miteinander verbunden

So etwas gab es im Lautertal noch nie. In der Evangelischen Kirche in Reichenbach wurde eine Skype-Live-Schaltung zur Gedenkfeier in Princeton (USA) hergestellt und auf beiden Seiten des Atlantiks gleichzeitig und über Satellit verbunden dem Pogrom vor 75 Jahren gedacht. 
Initiator der außergewöhnlichen Aktion war auf amerikanischer Seite Ryan Lilienthal. Der Rechtsanwalt mit Elmshäuser Wurzeln war im letzten Jahr nach Lautertal gekommen, um nach seinen Ahnen zu forschen. Sein in Elmshausen lebender Urgroßonkel Theodor Israel war Vorsteher der israelitischen Gemeinde, die zum Gottesdienst in die Synagoge nach Reichenbach ging.  In Mail-Kontakten und vielen Telefonaten plante er den Event mit dem Arbeitskreis „Erinnerungskultur Lautertal“. In ihm sind Frank Maus, Pfarrer Thomas Blöcher, Wolf Nevermann, Klaus Schneider, Tobias Pöselt und Heinz Eichhorn aktiv. Um Zeitgleichheit herzustellen, wurde die zentrale Veranstaltung des Bundesstaates New Jersey extra auf den frühen Nachmittag verlegt.
Schon Stunden vorher wurden in Reichenbach von Frank Meckel ein ganzes Arsenal an technischen Geräten in der Kirche aufgebaut. Damit Empfang und Rückmeldung auch funktionierten, musste sogar noch eine Leitung hoch auf das Evangelische Gemeindehaus verlegt werden. 
Eine halbe Stunde vor Beginn des offiziellen Teils wurde dann Vollzug gemeldet: Die Lautertaler Kirchenbesucher sahen Bühne, Redner, Chor und Gäste in Princeton, die amerikanische Seite den Altar, den Flöten- und Instrumentalkreis unter der Leitung von Gertraud Kramolisch und Janine Boba am Piano, sowie die jeweiligen Redner. Als Dolmetscher der Beiträge von Pfarrer Thomas Blöcher, der Vorsitzenden der Gemeindevertretung, Beate Dechnig, Bürgermeister Jürgen Kaltwasser und Ortsvorsteher Heinz Eichhorn fungierte in bewährter Weise Jonny Clover.
Höhepunkt der gut besuchten Veranstaltung waren die emotionalen Schilderungen des Historikers Frank Maus. Im Staatsarchiv in Darmstadt hatte er die umfangreichen Akten der jüdischen Elmshäuser Familie gesichtet, einschließlich des Personalausweises von Theodor Israel. Weil dieser von den Nazis eingezogen, aber dann angeblich nicht mehr aufzufinden war, konnte Theodor mit Ehefrau Minna Oppenheimer und Sohn Walter nicht ausreisen und wurde 1942 im Konzentrationslager ermordet.
Ihnen und den Millionen ermordeten Juden zu Ehren entzündeten die Lautertaler Lichter und sendeten diese in die USA. Damit soll der Weg der Toleranz, der gegenseitigen Achtung und der offenen Arme weitergegangen werden, als Zeichen einer hellen und liebenswerten Welt unter Freunden. Mit brennenden Kerzenlichtern gingen dann alle Teilnehmer der außergewöhnlichen Veranstaltung in die Bangertsgasse zum Gedenken vor der ehemaligen Synagoge. (Text: he, Fotos: wn/he)

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