Zustimmung und Skepsis

Zustimmung und Skepsis

RWE will das Atomkraftwerk in Biblis zeitnah zurückbauen. Dies hat das Unternehmen gestern bekanntgegeben. Der Kraftwerksbetreiber will das Genehmigungsverfahren für den Abriss noch in diesem Jahr anschieben.

„Ich finde es gut, dass der sofortige Rückbau kommt“, sagt die Bibliser Bürgermeisterin Dr. Hildegard Cornelius-Gaus. „Durch den Rückbau werden weiterhin Fachkräfte in Biblis benötigt“, hofft die Bürgermeisterin. Dadurch könnten im Kraftwerk Arbeitsplätze erhalten bleiben und außerdem Aufträge an Fremdfirmen vergeben werden. Für die Gemeinde bedeute dies, dass sie auch in den kommenden Jahren mit Steuereinnahmen durch das Kraftwerk rechnen kann.
Damit diese Rechnung auch aufgeht, fordert die Bürgermeisterin: „Jetzt soll die Politik dafür sorgen, dass die Genehmigung zügig erfolgt und die nötigen Endlager für die Anlagenteile, aber auch für die Brennelemente zur Verfügung stehen.“

Schacht Konrad als Endlager

In einem Pressegespräch machte Kraftwerksleiter Dr. Hartmut Lauer deutlich, dass für den Rückbau der Anlage das Endlager Schacht Konrad in Salzgitter benötigt wird. Dort sollen schwach- und mittelradioaktiven Bauteile des Atomkraftwerks gelagert werden – allerdings erst frühestens ab dem Jahr 2019. Nach den bisherigen Erfahrungen mit anderen Anlagen rechnet Lauer nicht vor 2016 mit einer Genehmigung für den Rückbau. Dann würde es mit Schacht Konrad als Lagerstätte für die Anlagenteile aus Biblis klappen, meint der der Kraftwerksleiter.
Falls es aber weiterhin zu Verzögerungen bei der Inbetriebnahme des Endlagers in Salzgitter kommt, prüft RWE eine andere Lösung. Ein Zwischenlager für die belasteten Anlagenteile sei auch am Standort Biblis denkbar, bestätigt Lauer. Das sei eine Option, es gebe noch keine Entscheidung.
Atomkraftgegner befürchten dagegen, dass sich RWE die Lagerung auf dem Werksgelände sparen könnte. Sie nehmen RWE sogar in die Pflicht, diese Variante zu wählen, falls kein Endlager zur Verfügung steht.

„RWE macht den Rückbau von Schacht Konrad abhängig“, kritisiert Ingo Hoppe, Sprecher der Bergsträßer Anti-Atom-Initiative AK.W.Ende. Dadurch könnte sich der Abriss der Anlage bis nach 2020 verschieben. Das „Schrottlager“, wie Hoppe das geforderte Zwischenlager bezeichnet, müsse so eingerichtet werden, dass davon keine Gefährdung für Mitarbeiter und Bevölkerung ausgehe.
Auch die von RWE angekündigten Zeiträume für die Antragstellung sieht Hoppe kritisch. „Damit wird der Rückbau der Anlage auf den St. Nimmerleinstag verschoben.“ Hoppe ist gespannt, wann der Kraftwerksbetreiber den Genehmigungsantrag stellt. RWE hat angekündigt, dies in der zweiten Jahreshälfte zu tun. „Aber das Frühjahr dauert für RWE ja auch bis Mai“, spielt er auf die seit Monaten erwartete Entscheidung zum Rückbau an.
Der Prozess müsse sorgfältig geplant werden, betonte dagegen Kraftwerksleiter Lauer während der Pressekonferenz am Freitag. Das Unternehmen habe nach eingehender Prüfung den zeitnahen Rückbau dem sicheren Einschluss vorgezogen. Laut Lauer spricht vor allem dafür, dass jetzt noch das Fachpersonal auf der Anlage vorhanden sei. Bei einem sicheren Einschluss müsste Jahrzehnte später erst wieder eine Mannschaft gefunden werden. Außerdem könne der Rückbau nach dem bekannten Regelwerk erfolgen. Was in 20 bis 30 Jahren gelte, wisse heute niemand. Als weiteren Vorteil sieht Lauer, dass durch den zeitnahen Abriss der Anlage der Standort schneller für eine neue Nutzung frei wird. /sm

 

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