Windkraftanlagen auf Erfolgskurs:

Bürgerversammlung am 16.2.:

Windkraftanlagen auf Erfolgskurs

Don Quichotte hat zwischenzeitlich bundesweit sein Handwerk niedergelegt: der Kampf gegen Windmühlenflügel ist zu Ende – zumindest, was die Nutzung von Windenergie betrifft. Bei der Bürgerversammlung zum Thema Erneuerbare Energien im Februar, zu der die Gemeinde Lautertal eingeladen hatte, wurde von drei Fachleuten sehr ausführlich dargelegt, wie sich Windkraftanlagen – aber auch andere Formen regenerativer Energienutzung – im Lautertal realisieren lassen.

Die Idee der Energiegenossenschaft stellte Micha Jost (Energiegenossenschaft Starkenburg) dar, Dr. Peter Müller (GGEW AG) erläuterte die Rolle des regionalen Energieversorgers dabei, technische Informationen steuerte Dipl-Ing. Jürgen Simon (3P Windenergie GmbH) bei. Die drei Spezialisten ließen in ihren Vorträgen keine Fragen offen und blieben dem zahlreich erschienenen Publikum keine Antworten schuldig.

Aus AKW wird WKA:
Atomkraftwerke werden stillgelegt, Windkraftanlagen sind im Aufwind
Klimaschutz als Volkssport – die Energiegenossenschaft Starken-burg hat bislang drei Photovoltaik- Projekte und eine Windkraft-anlage errichtet, komplett von Mitgliedern finanziert. Besonderes Interesse bekundete Micha Jost für die Energiegenossenschaft Starkenburg an Wasserprojekten. Dabei legt sie Wert auf Regionalität: wie Micha Jost erklärte, werden nach dem Zwiebelschalenprinzip die Einleger vor Ort bevorzugt, erst danach werden auch Investoren aus entfernteren Gebieten angenommen. Die Windkraftanlage, die im Oktober 2011 auf der Neutscher Höhe errichtet wurde, gehört 250 Bürgern, fast alle vor Ort zuhause. „Wer auf ein Windrad schaut, soll auch den Nutzen haben“, das ist das Motto. Mit Paketen in Höhe von 2000 Euro kann man sich beteiligen. Davon sind 1800 Euro ein nachrangiges Darlehen mit langer Laufzeit und Tilgung ab dem 4. Jahr. Ge-nossenschaften sind die insolvenzsicherste Unternehmensform in Deutschland, dafür sorgt schon die jährliche Prüfung durch den Genossenschaftsverband. Im Gegensatz zu privatwirtschaftlichen Betrieben ist das Geld also hier recht sicher angelegt. Das Wind-rad Neutsch („Gute Ute“) spart jährlich 2800 Tonnen CO2 und liefert einen wichtigen Beitrag zur zukünftigen Stromversorgung mit jährlich 5000 Megawattstunden.
Seit 125 Jahren gibt es die GGEW AG, sie befindet sich zu 100 % in kommunaler Hand und ist so fest in der Region verankert. „Die Erfolge im 125. Firmenjahr spornen uns an, die regionale Energiewende zu forcieren,“ so Dr. Peter Müller. Mit der Betei-ligung der GGEW AG an der Energiegenossenschaft Starken-burg, dem Angebot an Verbraucher sich über ein neues Modell finanziell an Projekten zum Ausbau erneuerbarer Energie zu engagieren setzt das Unternehmen – mit Blick auf den stockenden Ausbau der bundesweiten Transportnetze – vermehrt auf verbrauchernahe Windkraftstandorte.
Wind bläst zu 86 % des Jahres mit 0-25 m/sec. Etwa 2000 Stunden pro Jahr laufen Windkraftanlagen im Binnenland, auf dem Meer sind es sogar 4000 Stunden. Nach der Wende in der Energiepolitik können nun 2 % der hessischen Flächen mit Windkraftanlagen bestückt werden, möglich wären jedoch 9 %. Für die Gesamtversorgung Hessen wären 4000 bis 5000 WKA erforderlich, 800 Räder können ein Atomkraftwerk ersetzen (Biblis hat 2500 MW produziert). Laut Dr. Peter Müller setzt die GGEW AG voll auf regenerative Energiequellen anstatt auf Brückentechnologien wie Kohle- und Gaskraftwerke. Die GGEW AG betreibt derzeit 10 WKA mit 21,7 MW und plant weitere umfangreiche Investitionen bis 2020.
Jürgen Simon erläuterte den Begriff Windhöffigkeit: ab 6 m/sec. in 120 m Höhe wird die Nutzung mit Windkraftanlagen rentabel. Mit diesen Messungen fängt alles an. Zunächst zeigte er anhand einer Lautertalkarte, welche Flächen so überhaupt in Betracht kommen. Über die Markierungen mit ausreichender Windhöffig-keit legte er eine Markierung mit den Flächen, die aufgrund zu geringen Abstandes zur Wohnbebauung (750 m zu Wohngebie-ten, 500 m zu Einzelbebauungen) entfallen. Danach blieben nur schmale Grate auf dem Teufelsberg, auf dem Gehrenstein, auf dem Haurod und auf dem Kesselberg übrig. Hier sind nun noch die Einschränkungen durch Naturschutz, Geräusch,
Schattenwurf etc. zu berücksichtigen, beim Standort Gehrenstein außerdem durch die Radaranlage (die WKA darf nicht in den Radarspiegel hineinragen, muß also insgesamt 150 m unter diesem in Höhe von 624 m bleiben). Insgesamt wären auf Lautertaler Gebiet je vier Anlagen auf Teufelsstein, Gehrenstein und Haurod möglich, zusätzlich noch der Mini-Anteil an HEIKE auf dem Kesselberg. Das aussichtsreichste Gebiet ist nach Simon das Haurod südlich von Reichenbach.
Geringere Pachtgarantie zugunsten höherer Sicherheit vor Insolvenz
Auch die Frage, warum die Energiegenossenschaft Starkenburg im benachbarten Brandau am Johannesberg nicht den Zuschlag erhielt, beantwortete Simon während der Bürgerversammlung: die Genossenschaft kann die Pachtgarantie an die Gemeinde Modautal nicht in der Höhe wie Juwi aus Wörrstadt, die den Zuschlag erhielten, festsetzen. Das läßt die genossenschaftliche Organisationsform nicht zu, zugleich ist bei einer Genossenschaft die Gefahr einer Insolvenz wesentlich geringer als bei einem privatgewerblichen Investor.
Sollte die Genehmigung für einen oder mehrere Standorte im Lautertal positiv ausfallen, gründet die Energiegenossenschaft eine Betreibergesellschaft vor Ort. Wichtig für die Gemeinde Lautertal bei der Auswahl der Standorte ist zudem, ob die WKA auf gemeindeeigenem Grund gebaut werden können.
An Pacht und Gewerbesteuer können für die Gemeinde pro WKA in zwanzig Jahren etwa 1,1 Mio Euro abfallen. Der Vorschlag aus dem Publikum, die Gemeinde Lautertal könne selbst ein Windrad (Kosten 3,5 Mio Euro) finanzieren, wurde – im Hinblick auf die allgemein bekannte Haushaltslage – mit Heiterkeit quittiert.
Theoretisch wäre das inzwischen möglich: durch die Novellierung des Paragraphen 121 der HGO dürfen auch Kommunen privatwirtschaftlich aktiv werden, sofern dies durch einen öffentlichen Zweck gerechtfertigt ist.
Bis zum Zeitpunkt der Genehmigung vergehen mindestens zwei Jahre, danach erst kann die Anlage bestellt werden. Die Lieferfristen liegen augenblicklich bei 6-9 Monaten, dann aber geht es schnell: für den Aufbau werden 2 Tage benötigt. M. Hiller

Weitere Informationen gibt es hier:

www.energiestark.de

www.simon-ing.de

www.energiegenossenschaft-starkenburg.de

www.ggew.de

 

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