Waldkindergarten braucht Unterstützung

Waldkindergarten braucht Unterstützung

Anfang August musste der Waldkindergarten in Schannenbach aufgrund finanzieller und personeller Probleme vorübergehend schließen. Wir finden das sehr schade und hoffen, dass es bald wieder einen Waldkindergarten (wo auch immer) im Lautertal geben wird. Im folgenden ein Beitrag von Svenja Hohenstein über die Arbeit des Kindergartens:

Waldkindergarten
im Frühling, Sommer, Herbst und Winter
Die Kinder kommen in einer langen Schlange aus dem Wald gewandert. Nicht „Zwei und Zwei“ wie sich das gehört, sondern jedes so wie es gerade mag. Die eine hat ihre Jacke über dem Arm, der andere trägt sie im Rucksack. Kinder von drei bis sechs Jahren lachen, singen und spielen miteinander und natürlich gibt es auch ab und zu Ärger. Es gibt Tage, da nervt der Regen weil er von der Kapuze tropft – ja und es gibt Tage da sind die lustigen kleinen Tropfen an der Mütze die tollsten Begleiter die man sich wünschen kann. Mal ist ein umgefallener Baum eben ein umgefallener Baum. Oft wird er aber zu einem Schloss, zu einem Flugzeug oder zu einer Insel und eine Gruppe Kinder fliegt mit ihm in den Süden. Genauso ergeht es den Felsen. An einem Tag sind sie einfach nur Teil der Natur. An einem anderen Tag werden sie zu Computer, Backofen oder Motorrad. Gerade so wie es passiert. Ja scheinbar passiert in einem Waldkindergarten alles gerade so wie es eben passiert. Das scheint etwas von Chaostheorie zu besitzen. Ein paar Erwachsene stehen im Wald herum und rundherum wuselt das Kinderchaos.
Ist dies nun Wirklichkeit oder nicht – Scheint es nur so als ob, oder schaffen es die Kinder sich zu organisieren und verstehen. Eins ist klar alles ist möglich, so lange einige Regeln eingehalten werden. Dies gilt für alle – Kinder, Eltern und auch ErzieherInnen. Seit 2006 war dies im Waldkindergarten in Schannenbach tägliche, gelebte Realität. Fragen Sie sich jetzt, ob ein Waldkindergarten auch etwas für Ihr Kind ist? Mit einem Waldkindergarten ist es ähnlich wie mit Laufen, Radfahren oder Schwimmen. Prinzipiell kann das jeder. So schafft es auch jedes Kind in einem Waldkindergarten Spaß zu haben und trotzdem wichtige Dinge fürs Leben zu lernen. Vielmehr ist es die Frage, ob Sie es als Eltern wollen:
Das wichtigste für Eltern, die es sich überlegen, ob ein Waldkindergarten das richtige für sie ist, ist die Frage danach, ob sie bereit sind sowohl Ihr Auto als auch ihre Waschmaschine mit Dingen beladen zu müssen, die eigentlich in einem Wald zu Hause sind. Es kann schon einmal passieren, dass ihnen da ein matschiger Wichtelgegenübersteht, der mit Ihnen heimfahren will. Dass das ihr Kind ist merken sie erst dann, wenn sie die Schmutzwanne im Kofferraum zurechtgerückt haben und die erste Schicht des Zwiebellooks abgeblättert ist. Ein Wunder ist es dabei immer wieder, wie vergnügt selbst die matschigsten Kinder sind, wenn man sie nach dem Kindergarten abholt.
Sicher kommen Matschwichtel eigentlich nur im Frühjahr und Herbst vor aber gibt es auch Schneezwerge und Wiesenwichtel. So hat jede Jahreszeit ihren Reiz. In jeden guten Waldkindergarten gehört neben der Natur aber auch ein Bauwagen, der es möglich macht das die Kinder bei Schnee und Eis einen warmen Platz haben, oder sich bei einem sommerlichen Regenguss einmal unterstellen können.
Wichtig sind im Waldkindergarten auch regelmäßig wiederkehrende Abläufe. So beginnt der Kindergartentag nach dem Ankommen mit dem Morgenkreis: Dieser findet immer statt und hat einen festen Ablauf. Zunächst werden die aufgefädelten Tonperlen gezählt, die jedes Kind beim Ankommen auf die Schnur gefädelt hat. Um zu schauen ob auch wirklich alle Kinder da sind, werden dann von jedem Kind noch einmal alle Kinder gezählt – Dies kann in verschiedenen Sprachen passieren. Nun wird ein Begrüßungslied gesungen. Bei der Gesprächsrunde mit dem Gesprächsstock hat jedes Kind das den Stab in den Händen hält die Möglichkeit etwas zu erzählen, was ihm auf dem Herzen liegt. Es ist beeindruckend wie toll es bei Kindern klappen kann, sich gegenseitig zuzuhören – Da wäre so manche Sitzung im Erwachsenenleben gut beraten vielleicht einmal über einen Gesprächsstock nachzudenken. Der Tagesablauf wird mit den Kindern besprochen und die Kinder entscheiden demokratisch in welches Waldstück sie laufen möchten. Im Anschluss wird ein Fingesrpiel gemacht und dann ist der Begrüßungskreis beendet. Vor dem gemeinsamen Frühstück ist meist noch ein wenig Zeit, um frei zu spielen. Je nach dem, wie das Wetter ist frühstücken die Kinder gemeinsam im Bauwagen, auf der Wiese oder im Wald. Nun geht es los: In den Wald mit der Naturschaukel, in den mit der Naturrutsche, gehen wir den Dachs besuchen, oder gehen wir in den Märchenwald?Wichtig ist, dass den Kindern zu jeder Zeit klar ist, dass wir in der Natur zu Gast sind und dass es wichtig ist ein guter Gast zu sein. Das Schöne daran ist aber, dass man die Kinder eigentlich nicht darauf hinweisen muss.
Im Wald werden Naturmandalas gelegt, mit Stöcken und Hölzern Musik gemacht, oder im Märchenzelt Geschichten erzählt. Manchmal wird auch einfach nur gespielt. Im Winter ist Schlittenfahren angesagt – sobald auf der Wiese Schnee liegt ist der Schlitten, der Rutscher, der Bob oder die Schüssel ein ständiger Begleiter. Es werden Iglus gebaut und Bratäpfel gebraten. Einmal pro Woche wird im Kindergarten gemeinsam gekocht. Je nach Jahreszeit gibt es Brennnesselsuppe, Kräuterquark oder andere leckere Gerichte. Es ist schon toll wenn eine Vierjährige beim Sonntagsspaziergang ihren Eltern eine Nachhilfestunde in Kräuterkunde gibt. Wenn beispielsweise eine Stechmückeeine übel juckende Einstichstelle hinterlassen hat kommt dann der Tipp aus Kinderhand: „hier reib den Spitzwegerich drauf, das hilft!“ Sie können sich vorstellen, wie baff man da als Vater ist!
Leider wird es diese Erfahrungen im Waldkindergarten Schannenbach so nicht mehr geben. Die Realität der Kinder ist eben doch nicht die Realität der Erwachsenen. Um den Kindern dieses Aufwachsen mit und in der Natur zu ermöglichen ist ein Verein angetreten dies zu organisieren und zu finanzieren. Das man als Verein gegenüber allen Beteiligten Verantwortung hat steht für sich selbst: Zum einen sind dies die Kinder – die in sicherem Rahmen die Natur erkennen und verstehen lernen; zum anderen sind es die Eltern, denen man den vertrauensvollen Umgang mit ihren kleinen Schätzen garantiert. Weiterhin erfüllt man gesetzliche Grundlagen und hält Verpflichtungen ein. Der am schwierigsten zu erfüllende Punkt ist aber, dass man als Arbeitgeber die Pflicht hat seinen angestellten ErzieherInnen einen angemessenen Lohn zu zahlen. Dies ist wohl in einem privaten Kindergarten der größte Spagat. Diesen Spagat hat der Waldkindergarten in Schannenbach nun 5 Jahre erfolgreich gemacht. Doch fehlende Kinder und eine geänderte Personalsituation sowie Kosten der Sozialversicherung haben für eine finanzielle Situation gesorgt, die auf Dauer keine Kostendeckung möglich macht.
Zum 15. August hat der Kindergarten vorübergehend seine Pforten geschlossen. Der Trägerverein ist nun angetreten, Alternativen für den Betrieb des Kindergartens zu finden. Ein Umzug aus Schannenbach scheint unausweichlich, da der Standort sehr weit ab ist. Einen Neuanfang wird es hoffentlich im Frühjahr 2012 geben. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen Eltern, die mit Ideen, Unterstützung und Verständnis den Betrieb des Kindergartens Aufrecht erhalten haben. Wir danken an dieser Stelle auch noch einmal allen die unser Sommerfest so toll unterstützt haben. Wenn Sie mehr über uns erfahren möchten, Sie Mitglied im Förderverein werden oder den Waldkindergarten finanziell unterstützen wollen, dann schauen Sie doch unter www.waldkindergarten-schannenbach.de einmal vorbei oder schauen Sie sich den Kindergartenalltag auf www.youtube.com/waldwichtelNibelung einmal an.

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