Soll am Felsenmeer gespart werden?

Nachtragshaushalt: Der Gemeinde fehlt viel Geld, aber die Fraktionen wollen sich noch nicht auf konkrete Kürzungen festlegen

Soll am Felsenmeer gespart werden?

Lautertal. Die Ausweitung des Kassenkredits der Gemeinde Lautertal von sechs auf sieben Millionen Euro hat die erste Hürde genommen. Der Finanzausschuss der Gemeindevertretung stimmte dem Vorschlag des Gemeindevorstandes am Donnerstagabend mit der Stimmenmehrheit von SPD und GLL zu. CDU und UBL stimmten dagegen.

Bürgermeister Jürgen Kaltwasser (SPD) hatte zuvor nochmals deutlich gemacht, warum die zusätzliche Million als Handlungsspielraum benötigt werde. Der Gemeinde drohe wegen Vorleistungen und noch ausstehender Einnahmen sonst im Laufe des Juli die Zahlungsunfähigkeit.

Aktuell stehe der Kassenkredit bei 5,8 Millionen Euro. Ende Juli könne die Gemeinde bis zu 800 000 Euro aus den Einkommensteueranteilen erwarten, Mitte August 500 000 Euro aus den Gemeindesteuern.

Im Kassenkredit enthalten sind die Schulden der Gemeinde aus den vergangenen Jahren in Höhe von 6,8 Millionen Euro. Diese Verbindlichkeiten sind im laufenden Haushalt aufgelaufen, weil die Ausgaben regelmäßig die Einnahmen überstiegen. In der Regel benötige die Verwaltung keinen Kredit, der über dieser Summe des kumulierten Defizits liege, erläuterte Kaltwasser. In diesem Jahr habe sich diese Planung zerschlagen, weil für Baumaßnahmen am Felsenmeer-Parkplatz und am Reichenbacher Rathaus 660 000 Euro vorgehalten werden müssten und zusätzlich noch das Geld aus einem im Etat eingeplanten Grundstücksverkauf (350 000 Euro) fehle.

Für die Baumaßnahmen gibt es Zuschüsse in Höhe von rund 60 Prozent (Felsenmeer) beziehungsweise 66 Prozent (Rathaus). Diese würden aber erst nach der Abrechnung mit den Handwerkern bezahlt, so Kaltwasser.

Die drei Posten zusammen ergäben einen zusätzlichen Fehlbetrag von einer Million Euro, der mit dem zunächst veranschlagten Kassenkredit nicht zu überbrücken sei.

Kaltwasser betonte, dass es nicht darum gehe, eine weitere Million Euro Schulden zu machen. Der Kassenkredit sei der Dispokredit der Gemeindekasse, mit dem Haushalt werde nur ein Maximalrahmen gesetzt. Die Verwaltung nehme von dem Kreditrahmen nur in Anspruch, was auch gebraucht werde. Da die Zinssätze für den Kredit – im Unterschied zum privaten Dispozins – relativ günstig seien, gehe es um eine zusätzliche Belastung der Gemeindekasse in Höhe von 5000 Euro.

„Ausgaben auf den Prüfstand“

Während SPD und GLL sich in der Debatte um das Thema zurückhielten, kritisierten CDU und UBL das Vorhaben und forderten Einsparungen. Erich Sauer (CDU) rief Verwaltung und Gemeindevorstand dazu auf, Vorschläge zu machen, wo gespart werden könne und die Gemeindefinanzen grundsätzlich zu überprüfen. Der Kassenkredit habe Anfang 2010 noch bei 4,6 Millionen Euro gelegen. Der rasche Anstieg sei besorgniserregend.

Um so wichtiger sei es, auf eine Rückführung der Schulden insgesamt hinzuarbeiten, damit die Kommune auch künftig handlungsfähig sei. „Dinge, die nicht notwendig sind, müssen wir auf den Prüfstand stellen.“

Andreas Hoppe (UBL) allerdings lieferte den einzigen konkreten Vorschlag: auf die geplante Umfeldgestaltung für das Felsenmeer-Informationszentrum zu verzichten. Die Gemeinde leiste sich mit dem Felsenmeer ein teures Hobby, das nie zu refinanzieren sei. Konkrete Vorteile für die Kommune durch den Ausbau es Parkplatzes und die Umfeldgestaltung seien nicht zu erkennen und nicht zu erwarten.

Es sei „ein schlechtes Signal“, dass die neue Gemeindevertretung als erste Sachentscheidung die Schulden der Gemeinde erhöhe.

Die CDU tat sich mit konkreten Vorschlägen erwartungsgemäß schwerer. Bürgermeister Kaltwasser legte den Finger in die Wunde, als er darauf hinwies, dass die zur Disposition stehenden Posten im Haushalt – darunter die Investitionen am Felsenmeer und die Ausgaben für die Jugendpflege als freiwillige Leistung der Gemeinde – bisher im Parlament unangefochten gewesen seien. Erst vor kurzem seien die Aufträge für den Felsenmeer-Parkplatz im Gemeindevorstand einmütig vergeben worden – also auch mit den Stimmen der CDU.

Kaltwasser sagte, die finanzielle Lage der Gemeinde sei schlecht. Erkönne aber nicht erkennen, dass dies auf eigene Fehler zurückgehe. Schließlich hätten alle Gemeinden im Kreis mit Ausnahme von Biblis ungedeckte Haushalte. Das zeige, dass es sich um ein „strukturelles Problem“ handele. Eine Finanzreform sei überfällig, allerdings auch schwer durchzusetzen, da das Land Hessen selbst kein Geld übrig habe.

Runder Tisch geplant

Der Bürgermeister unterbreitete den Fraktionen das Angebot, an einem runden Tisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit über konkrete Sparmaßnahmen zu beraten. Der Gemeindevorstand müsse für den Haushalt 2012 erste Schritte des Haushaltskonsolidierungs-Konzepts umsetzen. Das könne vorher mit den Fraktionen abgestimmt werden. Die Vertreter im Finanzausschuss griffen den Vorschlag auf, Erich Sauer betonte allerdings für die CDU, dass er sich erste Vorschläge vonseiten der Verwaltung bereits als Grundlage für eine solche Runde erwarte. Anhand solcher Vorschläge werde seine Fraktion dann entscheiden, ob ein Gespräch sinnvoll sei. tm


Bergsträßer Anzeiger
21. Mai 2011

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