Rot-Grün, Schwarz-Grün oder doch eine Große Koalition?

Wahl in Lautertal: Nach dem Endergebnis sind viele Konstellationen
möglich, aber die Parteien legen sich noch nicht fest

Rot-Grün, Schwarz-Grün oder doch eine Große Koalition?

Von unserem Redaktionsmitglied Thorsten Matzner

Lautertal. Auch nach dem Endergebnis der Wahl zur Lautertaler
Gemeindevertretung ist die SPD der große Verlierer. Die
Sozialdemokraten haben es nicht geschafft, die seit 2001 bestehende
absolute Mehrheit im Parlament zu halten und sitzen künftig mit 14
statt 16 Mandatsträgern in der 31 Personen starken Gemeindevertretung.

Allerdings ist ein Ergebnis von 45,5 Prozent für die Partei ja nicht
alltäglich. Und: auch die anderen Fraktionen – mit Ausnahme des großen
Gewinners GLL – haben ihre Wahlziele nicht (ganz) erreicht.

Am ehesten kann sich noch die CDU freuen, die bei elf Mandaten einen
Sitz mehr hat als bisher. Das ist aber dem Auszählverfahren geschuldet,
denn effektiv hat die Partei 0,1 Prozent der Stimmen verloren. Und das,
obwohl mit der FWGL und der FDP gleich zwei dem bürgerlichen Lager
zuzurechnende Gruppen diesmal nicht mehr antraten.

Die CDU ist dennoch zufrieden, wie Parteivorsitzender Dr. Karl-Josef
Kuhn erklärte. Man habe immerhin einen Sitz hinzugewonnen. Dr. Kuhn sah
das als Ergebnis einer „komplexen Wählerwanderung“. Einerseits hätten
sicher Wähler die Union – wie auf Kreisebene – abstrafen wollen.
Andererseits seien die bürgerlichen Alternativen weggefallen, was neue
Wähler zur CDU gebracht habe. Die SPD hat nach Dr. Kuhns Einschätzung
unter einer schlechteren Mobilisierung ihrer Wähler und dem Streit um
das Hofgut Hohenstein gelitten.

Am nächsten Mittwoch will die Union beraten, wie es weitergehen soll.
„Wir sind für das Desaster in Lautertal nicht verantwortlich, aber wir
wollen etwas bewegen.“ Außer einer Zusammenarbeit mit der GLL sei eine
Große Koalition möglich, und auch in diese Richtung müsse gedacht
werden. „Ich bin für alles offen“, so Dr. Kuhn. Letztlich werde sich
die Frage einer Kooperation aber an den handelnden Personen festmachen.
Schließlich müssten die Fraktionen dies mittragen.

Die Unabhängige Bürgervertretung Lautertal (UBL) hat aus dem Stand
immerhin 3,8 Prozent erreicht und erhält einen Sitz. Doch hatte die UBL
„mindestens zwei Mandate“ als ihr Ziel ausgegeben. Sprecher Andreas
Hoppe war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auf der
Internetseite der UBL heißt es allerdings „Die absolute Mehrheit der
SPD ist gebrochen, die UBL sitzt im Gemeindeparlament und im Ortsbeirat
Elmshausen. Unsere primären Wahlziele sind damit erreicht.“

Fast verdreifacht hat die GLL ihr Ergebnis. Für die 17,1 Prozent
bekommen die Grünen fünf statt bisher zwei Sitze – und mehr Einfluss.
Die anderen Fraktionen hätten schon am Sonntag nach einer
Zusammenarbeit gefragt, bekundete gestern Fraktionssprecher Frank Maus.
Ein ernsthaftes Gesprächsangebot gebe es aber nur von der SPD.

Rechnerisch ist auch eine Koalition CDU-GLL möglich, die 16 der 31
Sitze umfassen würde. Doch von der CDU sei noch nicht offiziell Kontakt
gesucht worden, so Maus. Doch habe sich die GLL noch nicht auf eine
Kooperation mit der SPD festgelegt, es gebe auch Gegner einer solchen
Konstellation. Um darüber und über interne Personalien zu sprechen,
werde es Ende der Woche ein Treffen geben.

Maus betonte, die Grünen machten eine Zusammenarbeit mit einer anderen
Fraktion vor allem von den Sachthemen abhängig. Die Themen Energiewende
und mehr Bürgernähe stünden nicht nur auf dem Papier. Hier müsse es
konkrete Schritte geben, unter anderem beim Ausbau der Ortsbeiräte hin
zu Mitbestimmungsgremien für die Bürger.

Gerade das Thema Bürgernähe habe die Wähler wohl überzeugt, so Maus.
Die GLL geht davon aus, das sie zwar von der neuen Diskussion um die
Atomkraft profitiert hat. 50 Prozent des Zuwachses rechnen die Grünen
aber ihrer eigenen Politik in Lautertal zu. Hier seien manche Bürger
doch sehr von der Verwaltung und Bürgermeister Jürgen Kaltwasser (SPD)
enttäuscht gewesen, so Maus.

Für die SPD stellte Parteivorsitzender Alfred Kunert fest, dass man mit
Zugewinnen der Grünen gerechnet habe, aber auch damit, den 15. Sitz
halten zu können. Dass die UBL in die Gemeindevertretung einziehe, sei
zu erwarten gewesen. Die Verluste der SPD seien jedoch durch die
Gewinne der GLL verursacht und nicht durch die UBL.

Im Grunde begrüße er das bundesweite Erstarken der Grünen sogar, sagte
Kunert. Damit würden nun in der Energiepolitik die richtigen
Entscheidungen befördert. Diese Entscheidungen dürften auch vor
Lautertal nicht haltmachen.

Das Wahlergebnis selbst wollte Kunert nur kurz kommentieren. Zunächst
werde die Partei am kommenden Dienstag über die Zahlen und die nächsten
Schritte beraten. Darauf warten nun auch die Grünen, die von der SPD
bei den geplanten Gesprächen konkrete Angebote und sachbezogene
Vorschläge erwarten, wie Frank Maus deutlich machte.

Bergsträßer Anzeiger
30. März 2011

 

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