Lautertal kann mit vorhandener Wasserkraft Geld verdienen

Lautertal kann mit vorhandener Wasserkraft Geld verdienen

„Die Lauter bietet eine realistische Energiepotenz von etwa 20 kW – und das Stunde für Stunde.“ Diese frohe Botschaft verkündeten Jürgen Aust und Frank Maus Mitgliedern und Mitarbeitern der Grünen Liste Lautertal sowie Vertretern der Lindenfelser Grünen an der Lauter zwischen Lautern und Reichenbach. Dort stellten sie die Ergebnisse ihrer Wasserkraft-Recherchen ihren Mitstreitern vor.

Kürzlich hatten die beiden parteiintern ihre Zukunftsvision einer „Vor-Ort-Energiewende“ vorgestellt. Die Wasserkraft soll dabei eine wichtige Rolle spielen. Weitere Energieoptionen sind unter www.gl-lautertal.de veröffentlicht.

Möchte man heute die Wasserkraft nutzen, gab Jürgen Aust kund, so gelte es umfangreiche Kriterien zu beachten. Die technisch nutzbare Energie sei dabei nur eine Seite der Medaille.

Eines der wichtigsten Kriterien stecke in der EU-Wasser-Rahmenrichtlinie, welche seit dem Jahr 2000 gelte. Alle Mitgliedsländer und deren institutionell untergeordnete Gebietskörperschaften, im hiesigen Fall das Land Hessen, haben neue Auflagen zum Wasser- und Biotopschutz zu erfüllen.

Für die Wasserkraftnutzung bedeutet dies konkret, dass die biologische Vielfalt dabei nicht verschlechtert werden darf. Beschäftigt man sich mit der biologischen Qualität der Lauter, werde jedoch schnell bewusst, in welch traurigem Zustand sich die Lauter befinde.

Aberdutzende Verdohlungen hätten Biotope, also Lebensräume voneinander isoliert, erklärte Aust nach den umfangreichen Recherchen bei den zuständigen Verbänden.

Während einer „Bachschau“ haben Aust und Maus festgestellt, dass es zwei Stellen gibt, die aufgrund des Fließgefälles und des derzeit schlechten biologischen Zustands prädestiniert für eine Wasserkraftnutzung wären.

Dieses ist zum einen der Abflussbereich des Reichenbacher Rückhaltebeckens, der keinerlei Fischdurchgängigkeit aufweise. „Unsere Berechnungen haben jedoch ergeben, dass eine andere Stelle unweit oberhalb noch wesentlich lohnenswerter wäre“, erklärte Aust, der als Physiker stets auf mathematisch-technische Exaktheit der Angaben Wert legt.

Hinter der alten Deponie der CIBA-GEIGY fällt die Lauter in etwa 20 Stufen steil ab. Der gesamte Bachlauf verläuft ab der untersten Maschinenhalle des „CIBA-Areals“ bis zum Einlauf in den Rückhaltebeckenbereich in einem unnatürlichen Betonbett. Einige Felsbrocken wurden für eine schönere Optik mit hineinbetoniert.

„Wir haben bei verschiedenen Ingenieuren nachgefragt. Dies ist eine Stelle von sehr niedrigem biologischem Wert – es ist und bleibt ein Betonbett“, erläuterte Maus und ergänzte dass das Gute an der Sache sei, dass hier eine Wasserkraftnutzung kein Biotop verschlechtern würde, weil es dieses Biotop an dieser Stelle faktisch nicht gebe.

Jürgen Aust führte die Gruppe in seine wesentlichen Berechnungsergebnisse ein. Demnach habe nach offiziellen Angaben die Lauter dort, abhängig von der Jahreszeit, eine Wasserschüttung von 100-200 Litern pro Sekunde. Bei geschickter Geländeausnutzung können effektiv etwa 25 Höhenmeter ausgenutzt werden.

Unter Beachtung der Fallenergie im Sinne der Erdbeschleunigung von etwa 10m/s2ergebe sich eine technischEnergieausnutzung von 20 KW. Nach Adam Riese seien das 480 kw/h (Kilowattstunden) am Tag. Hierbei habe er mit einer geringen Schüttung von 100 Litern „Mittelwasser“ gerechnet.

Berechnet man ausgedehnte Trockenphasen dazu, reduziert sich die jährliche Betriebsdauer. Nach einer solch kritischen Berechnung ergäbe sich ein jährlicher Ertrag von 85.000 kw/h. In regenreichen Jahren wäre eine rechnerische Spitzenleistung bis 175.000 kw/h pro Jahr erreichbar.

Frank Maus ergänzte, dass man vor der Berechnung einen ausgewiesenen Wasserbauingenieur konsultiert und gemeinsam das Gelände begutachtet habe. Dieser habe Jürgen Austs Einschätzungen bestätigte und die Lautertaler Grünen ermutigte am Ball zu bleiben.

Hessenweit seien in den letzten Jahren durchschnittlich viel schwächere Potentiale zwischen 5-10 kw genutzt worden. Dennoch laufen alle diese Anlagen rentabel. Das heißt im Umkehrschluss, dass die an dieser Stelle der Lauter mögliche 20 kw-Anlage für Mittelgebirgsverhältnisse schon eine kleine „Rennmaschine“ sei.

Klaus Schneider, Gemeindevertreter der GLL, der sich noch gut an den Bau der CIBA-Deponie erinnerte, fragte nach, ob an der Deponie überhaupt Baumaßnahmen möglich seien oder die Deponie nicht geschützt werden müsse.

Frank Maus konnte hierzu erläutern, dass es laut Aussage des Ingenieurs eigentlich nur eines handelsüblichen 200er-Wasserrohrs auf der Bach-Südseite bedürfe. Dabei werde die Deponie nicht tangiert.

Zum Abschluss des Ortstermins wartete Jürgen Aust noch mit dem finanziellen Aspekt auf. So werde zur Zeit eine Vergütung für neue Wasserkraftanlagen von 12,67 Cent pro kw/h gezahlt – auf 20 Jahre garantiert. Im Jahr würde die Anlage vermutlich zwischen 11.000 und 22.000 Euro erwirtschaften.

Damit erlange man eine tolle Rendite. Das liege daran, dass das Wasser Tag und Nacht laufe und an der Dauerhaftigkeit der seit Jahrzehnten sehr ausgereiften Technik. Man könne von Lebensdauern von mindestens 50 Jahren ausgehen.

Frank Maus kam noch auf den biologischen Fußabdruck zu sprechen. Den Ertrag von 85.000 bis 175.000 kw/h könne sich kaum jemand vorstellen, entspreche aber dem Jahresverbrauch von 19 bis 39 Haushalten mit vier Personen.

Das Wasserkraftwerk könne die Luft und das Klima damit rechnerisch um 75 bis 150 Tonnen CO2 pro Jahr entlasten. Wasserkraft bedeute Energie ohne Dreck, ohne Abgase und ohne Lärm, betonte Maus

Als ein sinnvolles Projekt bezeichneten die übrigen Mitglieder der GLL dieses Vorhaben. Nach der Kommunalwahl werde die GLL die anderen Fraktionen hierzu zu einem Gespräch einladen.

 

Fotos: W. Koepff

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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