die kommunale Finanzkrise

Die kommunale Finanzkrise

In den kommenden Wochen wird die Diskussion über die Finanzlage der Gemeinde und die Gestaltung des Haushalts eine wichtige Rolle in der Lautertaler Kommunalpolitik spielen. Es wird sich wie in anderen Kommunen auch das jährliche Ritual wiederholen: Die Opposition wird als Hauptursache der kommunalen Verschuldung die „Misswirtschaft und Verschwendung“ geißeln, die jeweils kommunal Verantwortlichen werden auf die gewachsenen Aufgaben und die Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden verweisen.
Der folgende Beitrag der grünen Landtagsfraktion Hessen beleuchtet einige Hintergründe der kommunalen Finanzkrise:

Inhalt:

1. Die Landesregierung und die kommunale Familie im Streit ums Geld

2. Grünes Konzept zur Reform des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA)

3. Die Verschuldung der Landkreise im Überblick

4. Der kommunale Schutzschirm – Warten auf Godot

1. Die Landesregierung und die kommunale Familie im Streit ums Geld

Seitdem sich die Landesregierung bei der Haushaltsaufstellung 2011 entschloss, den Kommunen in einer einseitigen Entscheidung 344 Millionen Euro zu entziehen, ist die Stimmung vergiftet. Dabei steht außer Frage: Die modernen Schulgebäude und die begeisternden Lehrer, die wir von den Kommunen beziehungsweise vom Land erwarten, kosten Geld – und daran mangelt es beiden.
Insofern kann die GRÜNE Landtagsfraktion verstehen, dass die Landesregierung und die Kommunen darum ringen, ihr jeweiliges Stück am hessischen Steuerkuchen zu vergrößern. Nicht zu verstehen ist, dass die Beteiligten mittlerweile nur noch gegeneinander statt miteinander reden. Im Besonderen kritisieren wir, dass das Land keinerlei Anstalten macht, mit den Kommunen in einen konstruktiven Dialog auf Augenhöhe einzutreten. Die fundamental unterschiedlichen Auffassungen von Land und Kommunen darüber, wie viel Geld den Kommunen für ihre Aufgabenerfüllung zusteht, können nach unserer Auffassung nur durch die gemeinsame Analyse der finanz- und haushaltspolitischen Zahlen, Daten und Fakten in Übereinstimmung gebracht werden.
Die populistische Argumentation der Landesregierung jedenfalls trägt alles dazu bei, die vorhandenen Gräben zu vertiefen. Wem hilft es beispielsweise, wenn der hessische Finanzminister Schäfer eine Schuldenbremse für die Kommunen ins Gespräch bringt, wenn die Gemeinden und Landkreise klagen, dass ihnen ein größeres Stück vom hessischen Steuerkuchen zusteht? Dieses Über-die-Köpfe-hinwegreden muss die Landesregierung schnellstmöglich beenden.
Auf der anderen Seite stärkt es die Verhandlungsposition der Kommunen kaum, wenn der Vizepräsident des Hessischen Landkreistages, Erich Pipa, in einem Beitrag der Frankfurter Rundschau behauptet, dass die Kommunen ihre „Sparbemühungen ausgeschöpft“ hätten. Kann der Beitrag der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte wirklich nur noch darin bestehen, sich zurückzulehnen und auf mehr Landesgeld zu warten?
Alle Beteiligten sind nach unserer Auffassung gut beraten, eigene Anstrengungen zur Gesundung der Kommunalfinanzen zu unternehmen. Für das Land bedeutet das konkret, dass der Kommunale Finanzausgleich (KFA) endlich reformiert werden muss. Der KFA ist der Anteil des Landes an der Finanzierung der Kommunen.
Doch vor einer gründlichen Reform scheint sich die Landesregierung zu drücken und greift stattdessen in leidlich bekannter Weise immer wieder unsystematisch in den KFA ein: Wenn der Finanzminister meint, dass die Kommunen in Zeiten guter Konjunktur zu viel Geld bekommen, kürzt er den KFA in einer einsamen Entscheidung.
Wir GRÜNE wollen hingegen, dass der kommunale Anteil an den in Hessen verbleibenden Steuereinnahmen der tatsächlichen Aufgabenverteilung zwischen dem Land und den Kommunen entspricht. In einem Beirat sollen die beiden Aufgabenträger dieses Aufteilungsverhältnis gemeinsam und auf Augenhöhe ermitteln. Unterstützt würden sie dabei durch wissenschaftliche Gutachten. Da sich die Kosten der Aufgabenerledigung und die Aufgabenverteilung mit der Zeit ändern, würde die Beteiligung der Kommunen an den hessischen Gesamteinnahmen regelmäßig neu justiert. Das Ergebnis dieser gemeinsamen Anstrengung wäre ein von beiden Seiten akzeptierter Kommunaler Finanzausgleich.
Doch hat dieser Zwist noch einen anderen Grund: In manchen Jahren steigen die Steuereinnahmen der Kommunen stärker als die des Landes. In anderen Jahren ist es genau umgekehrt. Da dies im aktuellen System nicht berücksichtigt ist, gibt es regelmäßig Streit ums Geld. Diese Konflikte können vermieden werden, wenn der KFA in jedem Jahr so austariert wird, dass die relative Beteiligung der Kommunen an den hessischen Gesamteinnahmen gleich bleibt. Dazu wollen wir den sogenannten Gleichmäßigkeitsgrundsatz (GMG) einführen, der in Sachsen erfolgreich angewendet wird. Die Funktionsweise des GMG haben wir in unserem Konzeptpapier „Hessens Kommunen fair finanzieren“ ausführlich beschrieben.
Im Ergebnis müsste sich das Land nicht mehr übervorteilt fühlen, wenn in dem einen Jahr die kommunale Gewerbesteuer sprudelt, und es deshalb mehr in den Länderfinanzausgleich einzahlen muss. Denn die KFA-Belastung des Landeshaushalts wäre dann geringer. Die Kommunen ihrerseits stünden in den Jahren nicht im Regen, wenn eine abkühlende Konjunktur die Gewerbesteuereinnahmen besonders stark schmälert. Denn sie bekämen mehr KFA-Mittel.
Wir meinen: Ein von beiden Seiten als fair empfundener KFA würde die notwendige Vertrauensbasis zwischen Land und Kommunen schaffen, um die Landes- und Kommunalfinanzen in einer gemeinsamen Anstrengung zu stärken.

2. Grünes Konzept zur Reform des Kommunalen Finanzausgleichs(KFA)

Wie Sie den vorstehenden Bemerkungen entnehmen können, haben wir uns in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Kommunalen Finanzausgleich (KFA) in Hessen auseinandergesetzt. Herausgekommen ist das Konzept „Hessens Kommunen fair finanzieren“.
Neben den angesprochenen Vorschlag, mit dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz die Finanzverteilung zwischen dem Land und den Kommunen fairer zu gestalten, zeigen wir in unserem KFA-Konzept konkrete Wege auf, um auch die Finanzverteilung zwischen den einzelnen Kommunen zu verbessern. Denn: die Ausgleichsregelungen des KFA werden aufgrund ihrer Intransparenz und ihrer schweren Nachvollziehbarkeit von immer mehr Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern als ungerecht empfunden. Das wollen wir mit unserer grundlegenden Reform verändern. Unser Ziel ist, die kommunale Selbstverwaltung zu sichern und den Städten, Gemeinden und Landkreisen neue Spielräume zu eröffnen.
Der Link zum KFA Konzept:
http://www.gruene-hessen.de/landtag/files/2011/06/layout-KP11-komplett-kl2.pdf
Wir laden Sie ein, unsere Vorschläge im Detail kennenzulernen und freuen uns auf Ihre kritischen oder ergänzenden Rückmeldungen.

3. Die Verschuldung der Landkreise im Überblick

In einer Kleinen Anfrage haben wir die aktuelle Finanzlage und die Verschuldungssituation der Landkreise abgefragt.
Der Link zur Kleinen Anfrage (Drucksache 18/4199):
http://starweb.hessen.de/cache/DRS/18/9/04199.pdf
Anmerkung: Die Antwort auf die Fragen 8 und 9 ist fehlerhaft. Der Hochtaunuskreis hat nicht null Euro Kassenkredite, sondern rund 100 Mio. Euro.
Außerdem ist der Kleinen Anfrage zu entnehmen, welche Maßnahmen die Landkreise im Rahmen ihrer Haushaltssicherungskonzepte vorrangig ergreifen und wie sich die prekäre Finanzlage auf die Kreisumlagen auswirkt.
Mit Blick auf die Schuldenstände der Investitions- und Kassenkredite der Landkreise (Antwort auf die Fragen 8 und 9) wird deutlich, dass viele Kommunen die Unterstüt- zung des Landes beim Schuldenabbau benötigen.


4. Der kommunale Schutzschirm–Warten auf Godot

 

Doch auch in Sachen kommunaler Schutzschirm lässt die Landesregierung jeglichen Ehrgeiz vermissen, den Kommunen schnell und unbürokratisch zu helfen: Das Warten auf das Aufspannen des kommunalen Schutzschirms gleicht dem Warten auf Godot. Die Konsolidierungshilfe wurde von Ministerpräsident Bouffier bereits im September 2010 versprochen. Mit konkreten Zahlungen können notleidende Gemeinden und Kreise aber frühestens 2013 rechnen. Dies musste die Landesregierung in einer Kleinen Anfrage einräumen.
Der Link zur Kleinen Anfrage:
http://www.gruene-hessen.de/landtag/pressemitteilungen/kommunaler- schutzsch/kleine-anfrage-kommunaler-schutzschirm/
Wir GRÜNE fordern die Landesregierung auf, kurzfristig klarzustellen, wie der kommunale Schutzschirm funktionieren soll, wer davon profitiert und an welche Bedingungen er geknüpft ist.
Es ist schon ein makabrer Vorgang: 2010 tritt der Ministerpräsident vor die Öffentlichkeit und attestiert den Kommunalfinanzen akuten „Erste-Hilfe-Bedarf“ und dann brauchen Bouffier und sein Finanzminister Schäfer jahrelang, um den Notfallkoffer zu pa- cken. In der verstreichenden Zeit wachsen die Kassenkredite weiter.
Wir werden die Landesregierung weiter drängen, den kommunalen Schutzschirm schnellstmöglich aufzuspannen.
Gleichwohl sehen wir, dass der Schutzschirm nur die Krankheitszeichen der notleidenden Kommunen lindert. Die wahren Ursachen für die Finanznöte in zahlreichen Kommunen sind struktureller Natur und liegen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite der kommunalen Haushalte.
Mit unseren konkreten Vorschlägen zur Reform des Kommunalen Finanzausgleichs haben wir zunächst die Verteilung der Einnahmen in den Blick genommen. Was die Ausgabenseite betrifft, so landeten Absenkungsstrategien in der Vergangenheit allzu oft in der Sackgasse. Patentrezepte gibt es keine. Um auch dieser Herausforderung wirkungsvoll zu begegnen, müssen die Kommunen, das Land und der Bund gemeinsam handeln. Die GRÜNE Landtagsfraktion ist bereit ihren Beitrag dazu zu leisten.

 

 

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